Lohnt sich nach der Steuerreform ein Wechsel von GmbH zu Einzelunternehmen, KG und OG oder umgekehrt?
Das kommt – natürlich – darauf an.
Durch die Steuerreform 2015/16 wird bei der GmbH die Ausschüttung des Gewinns an die Gesellschafter ab 2016 mit 27,5% KESt statt bisher 25% besteuert. Die Körperschaftsteuer, also die Besteuerung des Gewinns auf Ebene der Gesellschaft bleibt bei 25%. Damit steigt die Gesamtsteuerbelastung bei voller Gewinnausschüttung bei der GmbH von bisher auf 43,75% auf 45,63%.
Zusätzlich sinkt durch Absenkung der Tarife und Veränderung der Stufen bei der Einkommensteuer die Steuerbelastung beim Einzelunternehmen.
Damit wird das Einzelunternehmen interessanter, die GmbH ein Stück weit unattraktiver. Lohnt sich deswegen ein Wechsel der Rechtsform aus rein steuerlicher Sicht? Klar: es gibt auch andere Gründe, die weiterhin für die GmbH sprechen.
Tipp: Für eine 2016 wirksame Umgründung ist – bei Bilanzstichtag 31.12. – bis zum 30.09.2016 Zeit! Weicht das Wirtschaftsjahr vom Kalenderjahr ab, muss die Umgründung innerhalb der ersten 9 Monate nach Bilanzstichtag erfolgen. – Es ist also noch etwas Zeit zum planen!
Bei welchem Ergebnis ist welche Rechtsform günstiger?
Wenn wir uns nur die Ertragsteuern ansehen und eine Vollausschüttung der Gewinne annehmen, ist ab 2016 das Einzelunternehmen bis 322.000 Euro Gewinn steuerlich günstiger, darüber die GmbH. Wenn beim Einzelunternehmen zusätzlich der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag durch Kauf von Anlagevermögen oder begünstigten Wohnbauanleihen voll ausgenutzt wird, verschiebt sich die Schwelle gar auf 795.000 Euro.
Wie groß ist der Unterschied wirklich?
Lesebeispiel: Bei 50.000 Euro zu versteuerndem Gewinn ist die Rechtsform Einzelunternehmen um 11.000 Euro pro Jahr niedriger besteuert als die GmbH. (inv.GFB = investitionsbedingter Gewinnfreibetrag)
Bei Gewinnen bis 322.000 Euro (bzw. 795.000 Euro bei voller Gewinnfreibetragsnutzung) sind Einzelunternehmen oder Personengesellschaften ertragsteuerlich um bis zu 16.000 Euro pro Jahr günstiger.
Bei sehr hohen Gewinnen wird hingegen die GmbH steuerlich immer attraktiver.
Als Faustregel gilt also nach wie vor: je höher der Gewinn, desto attraktiver die GmbH. Dies aber erst ab frühestens 322.000 Euro bei Vollausschüttung.
Wann ist die GmbH weiterhin attraktiv?
Die GmbH ist bei kurzfristiger Finanzierungsbetrachtung aber nach wie vor deutlich attraktiver, wenn Betriebskredite getilgt werden müssen. Denn zunächst werden die erwirtschafteten Gewinne nur mit 25% Körperschaftsteuer belastet. Die restlichen 75% bleiben in der GmbH stehen und können direkt zur Reinvestition oder Kredittilgung im Unternehmen genutzt werden. Aus jetziger Sicht ist das für den Betrieb und seine Liquidität sinnvoll. Langfristig betrachtet müssen diese Gewinne aber spätestens bei der Liquidation versteuert werden.
Dagegen wird beim Einzelunternehmen immer sofort der ganze Gewinn – egal ob er auf das Privatkonto des Inhabers wandert oder im Unternehmen verbleibt – besteuert, und zwar mit bis zu 55%.
Faustregel: Ist also Reinvestition oder Kredittilgung ohne Ausschüttung geplant, kann die GmbH bereits ab etwa 50.000 Euro Gewinn attraktiver sein, weil ab dieser Höhe der Durchschnittssteuersatz der Einkommensteuer bereits über den 25% KöSt liegt.
In der Praxis kommt es aber zu einer Mischsituation, da der Unternehmer selbst auch Geldmittel für seinen persönlichen Lebensbedarf benötigt. Er wird also ausschütten, oder z.B. via Geschäftsführerbezug Gelder „ausschütten“ müssen.
Beispiel:
- Bei 200.000 Euro zu versteuerndem Gewinn und einem privaten Geldbedarf des Unternehmers in Höhe von 50.000 Euro netto pro Jahr würde die gesamte Abgabenbelastung (inkl. SV-Beiträge) bei Gesellschaft und Gesellschafter-Geschäftsführer bei 34,79% (-69.500 Euro) liegen. 80.000 Euro können in der GmbH verbleiben und zur Kredittilgung oder Investition verwendet werden.
- Wird in dieser Konstellation stattdessen ein Einzelunternehmen als Rechtsform gewählt, müssen sofort mindestens 42,61% (-85.000 Euro) – bei voller Nutzung des Investitions-Gewinnfreibetrags – an Abgaben gezahlt werden. Zur Tilgung bleiben nur 65.000 Euro übrig.
Tipp: Den Online-Rechner dazu gibt es auf
www.siart.at/steuerinfo/berechnungstools/rechtsformrechner/.
Die optimale Höhe des Geschäftsführerbezugs?
Ein Gesellschafter-Geschäftsführer ist bei wesentlicher Beteiligung (mehr als 25% Anteile am Stammkapital) automatisch einkommensteuerlich selbständig (§22 Z2 EStG). Er kann damit selbst die 6%ige Betriebsausgabenpauschale bei seinen Gewinnen aus der Geschäftsführertätigkeit abziehen! Für die GmbH entstehen dabei Lohnnebenkosten (DB, DZ, KommSt – ca. 8%).
Dieser wesentlich beteiligte Gesellschafter ist idR in der gewerblichen Sozialversicherung (GSVG) pflichtversichert. Sowohl GF-Bezug als auch Ausschüttungen unterliegen bei ihm per Gesetz – auch wenn das noch nicht immer von der Verwaltungspraxis so durchgezogen wird – der GSVG-Beitragspflicht (ca. 28%) bis zur Höchstbeitragsgrundlage.
Damit ergibt sich für den Gesellschafter-Geschäftsführer und die Gesellschaft eben ein Mischergebnis aus selbständigen Einkünften (GF-Bezug) die dem Einkommensteuertarif unterliegen, und Kapitaleinkünften (Ausschüttungen) mit einer 27,5%igen Belastung mit Kapitalertragsteuer.
Die „ideale“ Aufteilung zwischen Geschäftsführer-Bezug und Ausschüttung ergibt sich etwa bei 87.000 Euro GF-Bezug. Weitere verteilungsfähige Überschüsse sollten als Ausschüttung dem GF-GS zufließen, da ab hier die Ausschüttung günstiger besteuert ist, als zusätzlicher GF-Bezug.
Tipp: Hier steigt der Varianten- und Gestaltungsspielraum natürlich an, vor allem bei mehreren Gesellschaftern und Geschäftsführern. Die individuell optimale Lösung finden wir gemeinsam mit ihnen!
Und wie sieht es abseits der Steuerbelastung aus?
Hier hat sich durch die Steuerreform nichts geändert.
Gründung und Betrieb: Die GmbH hat höhere Gründungskosten, die laufenden Kosten sind ebenfalls etwas höher, wenngleich die Mehrkosten der Bilanzierungspflicht nur gegenüber Einzelunternehmen mit weniger als 700.000 Euro Umsatz von Relevanz sind. Darüber müssen auch diese bilanzieren.
Haftung: Ist die geplante Unternehmung mit einem gewissen Risiko verbunden, stellt die GmbH eine attraktive Rechtsform dar, da der Durchgriff auf das Privatvermögen in der Regel vermieden werden kann, außer der Gesellschafter muss beispielsweise für den Kredit bei der Bank persönlich mitunterschreiben. Eine Ausnahme ist die Durchgriffshaftung der Geschäftsführer oder Gesellschafter bei gesetzwidrigem Verhalten.
Entnahmen: Einzelunternehmer können jederzeit Kapital steuerneutral aus dem Unternehmen in ihre Privatsphäre transferieren, ein Umstand der bei einer GmbH aufgrund der Trennung zwischen der Gesellschafts- und Gesellschaftersphäre nicht möglich ist. „Entnahmen“ eines GmbH-Gesellschafters müssen fremdüblich verzinst werden und stellen aus Sicht der GmbH eine Forderung gegen den Gesellschafter dar. Erfolgt keine Verzinsung oder ist diese nicht fremdüblich, liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor, die mit 27,5% Kapitalertragsteuer besteuert wird. Vom Aspekt der Entnahmemöglichkeit bietet somit das Einzelunternehmen oder eine Personengesellschaft, soweit es der Unternehmer damit nicht übertreibt, durchaus Vorteile gegenüber Kapitalgesellschaften.
Fazit
Durch die Steuerreform 2015/16 wird das Einzelunternehmen gegenüber der GmbH hinsichtlich der Steuerbelastung wieder attraktiver, vor allem wenn auch der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag voll ausgeschöpft wird.
Damit werden natürlich auch die Kommanditgesellschaft (KG) und die offene Gesellschaft (OG) attraktiver. Hier kommen, nachdem die Gewinne der Einkommensteuer bei den Gesellschaftern unterliegen, ab 2016 ebenfalls die günstigeren Einkommensteuertarife zur Anwendung. Hier kann wie bisher der Gewinn von den Gesellschaftern aufgeteilt werden und so – etwa durch „Familiensplitting“ die Steuerbelastung gesenkt werden.
Auch die GmbH & Co KG bietet für natürliche Personen als Kommanditisten die Möglichkeit, von der günstiger gewordenen Einkommensteuer zu profitieren. Zusätzlich bietet die GmbH & Co KG aber auch die Vorteile der Haftungsbeschränkung einer GmbH! Erleben wir hier ein Revival?
Klar ist aber, dass die reine Steuerbelastung nicht die alleinige Entscheidungsgrundlage bilden sollte. Zahlreiche weitere Aspekte müssen miteingerechnet werden.
Erfreulicherweise bedeuten aber die einmal gewählten Rechtsformen keine Bindung auf alle Zeiten, da Umgründungen jederzeit – und auch steuerneutral – möglich sind.
Siart-Tipp: Die Steuerreform bildet einen guten Anlass, die einst gewählte Rechtsform auf ihre optimale „Passform“ für die nähere Zukunft hin zu prüfen. Merkt man dabei, dass die Kleider gar nicht mehr so gut passen ist es vielleicht Zeit für einen Garderobenwechsel oder ein Umnähen! – Rufen Sie uns an, wir gehen das mit Ihnen durch und beraten Sie!
Telefon: 01 493 13 99 – Kontakt
Stand: 10.8.2016, Haftung ausgeschlossen.
veröffentlicht: 10. August 2016