In dieser Ausgabe stellen wir Ihnen eine Checkliste zum Thema entgeltliche und unentgeltliche Betriebsübernahme bereit. Das Thema ist komplex, wir möchte Sie hier dennoch auf einige wichtige Punkte, die Sie jedenfalls im Blick haben sollten, aufmerksam machen (Haftung ausgeschlossen).
Generelles vor der Übernahme
- Betriebsübernahme ist immer ein Interessensausgleich. Die große Kunst ist es, sich in der Mitte zu treffen, dort wo beide Seiten zufrieden sind. Daher muss eine Betriebsübernahme vorher gut überlegt werden und sollte mit der nötigen kritischen Grundhaltung auf beiden Seiten getan werden und wirtschaftlich und rechtlich gut abgesichert sein.
- „Das will ich haben – das will ich unbedingt haben“ ist kein Zugang
- Vergessen Sie nicht auf eine gut überlegte Vorschau, zumindest für die ersten ein, zwei Jahre – den Businessplan.
- Sie gehen ein Risiko ein – das ist ok. Halten Sie dieses aber von Ihren Familienmitgliedern und Freunden fern – Haftungen sollten diese nicht übernehmen.
Prüfungsphase
- Nehmen Sie umfassende Einsicht in alle Geschäftsunterlagen und überprüfen Sie zumindest die letzten 3 Jahre: Jahresabschlüsse, Anhang und Lagebericht, Buchhaltungsunterlagen, Verkaufsstatistiken, Betriebsprüfungen, finanzielle Situation (Bankschulden, Lieferantenverbindlichkeiten, Steuer- und Sozialversicherungsrückstände), Grundbuchauszug (Hypotheken), Gesellschaftsvertrag etc.
- Tipp: Verdächtig ist zum Beispiel, wenn gerade das letzte Jahr vor der Übergabe besonders schön ist.
- Prüfen Sie sämtliche Verträge, da die Rechte und Pflichten der bestehenden Verträge auf den Übernehmer übergehen können: Arbeitsverträge, Kreditverträge, Lieferverträge, Versicherungsverträge, Miet- und Pachtverträge, Verträge mit Kunden etc.
- Das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) sieht vor, dass bei einem Betriebsübergang die bestehenden Arbeitsverhältnisse automatisch übernommen werden, wenn die wesentlichen Teile des Unternehmens übernommen und weitergeführt werden (bspw Abfertigung alt – geht als Schuld mit und muss abgezogen werden vom Kaufpreis).
- Wenn notwendig, lassen Sie eine Due Diligence Prüfung durchführen, um einen Einblick in „alle Betriebsgeheimnisse“ zu bekommen.
Kaufpreis / Finanzierung
- Führen Sie eine Unternehmensbewertung – zumindest grob und überschlägig durch.
- Ist die Finanzierung der Übernahme abgeklärt? Geht sich alles aus?
- Vergessen Sie nicht neben dem Investitionskredit auf den Betriebsmittelkredit zur Finanzierung der kurzfristigen Schwankungen im laufenden Betrieb.
- Ist die Form der Übernahme geklärt (Kauf, Schenkung, Ratenzahlung, Rente etc.)?
Besonderheiten einer Erbschaft
- Bei Annahme muss der Erbe eine (unbedingte oder bedingte) Erbantrittserklärung abgeben, sodass die Erbschaft mit dem Einantwortungsbeschluss in den rechtlichen Besitz übertragen wird.
- Alle offenen Schulden, auch Abgabenschulden – inkl. Einkommensteuer – sowie der Verlustvortrag gehen bei der unbedingten Erbantrittserklärung auf den Erben über.
Besonderheiten einer Schenkung
- Grundsätzlich gibt es keinen Veräußerungsgewinn – Buchwerte werden weitergeführt.
- Stille Reserven werden nicht aufgedeckt. Achtung, somit wird eine „schlummernde Steuerbelastung“ mit übernommen. Wird der Betrieb später verkauft oder aufgegeben, sind die „Stillen Reserven“ zu versteuern!
- Keine Schenkungssteuer, jedoch allenfalls Meldepflicht (Frist: 3 Monate ab Erwerb).
- Der Verlustvortrag (Einkommensteuer) bleibt grundsätzlich beim Übergeber (Außer Erbfall).
- Auch bei der Schenkung wird ein schriftlicher Vertrag
Haftung
- Übernehmer haftet jedoch für alle betrieblichen Abgaben (z.B. Umsatzsteuer, Energieabgaben, Kommunalsteuer) und Steuerabzugsbeträge (z.B. Lohnsteuer) für das laufende Jahr (in dem die Übernahme stattfindet) und das Jahr zuvor. Ausgenommen ist die Einkommensteuer.
- Bei einer GmbH ändert sich am Schuldner nichts. GmbH haftet weiter unmittelbar.
- Beim Erwerb von Anteilen einer OG oder KG besteht hingegen hohes Risiko, als persönlich haftender Gesellschafter.
- Wurde die Haftungsbegrenzung § 38 UGB im Firmenbuch eingetragen, sodass der Erwerber nur für die Schulden haftet, die er kannte bzw. kennen musste – bis zur Höhe des übernommenen Unternehmenswertes?
Umsetzungsphase
- Wurde der Kauf- bzw. Schenkungsvertrag erstellt und geprüft – zivilrechtlich? Ist alles klar geregelt? Bspw: Was wird übernommen, was nicht? Was geschieht mit halbfertigen Arbeiten? Welches Eigenkapital wird zu welchem Preis übernommen? Wie wird bei Abweichungen ausgeglichen?
- Treffen Sie Vereinbarungen mit Dritten, dass diese mit dem Rechtsübergang einverstanden sind.
- Grunderwerbssteuer: Unterschiedliche Tarife für entgeltliche (3,5% der Gegenleistung) und unentgeltliche (Stufentarif) Übernahmen. Bei unentgeltlichen und teilentgeltlichen Erwerbsvorgängen besteht ein Betriebsfreibetrag iHv EUR 900.000,- sowie eine Deckelung mit 0,5% vom Grundstückswert für den unentgeltlichen Teil.
- Für den Vorsteuerabzug: Haben Sie eine ordnungsgemäße Rechnung erhalten?
- Wurden alle An-, Ab- bzw. Ummeldungen veranlasst? : Eintragung ins Firmenbuch, Gewerbeanmeldung, Konzessionen beantragen, Finanzamt informieren, Krankenkasse der Mitarbeiter/innen bzw. eigene informieren, Sozialversicherungsanstalt informieren, Versicherungen informieren, Kraftfahrzeuge an- um- oder abmelden, Lieferanten informieren.
Halten Sie für die betriebliche Anfangsphase die Kosten knapp und überprüfen und vergleichen Sie laufend Ihre Planung.
SLT Tipp: Nehmen Sie sich genügend Zeit für die Übernahme und gehen Sie alle Eventualitäten durch, damit Sie gut in Ihre neue Unternehmung starten können. Zögern Sie dabei nicht steuerliche und rechtliche Beratung einzuholen.
Sie haben Fragen? Rufen Sie uns an, wir machen Ihnen gerne ein Angebot. Wir freuen uns darauf!
veröffentlicht: 27. April 2020