27,5% KESt – Ein Grund für vorgezogene (voreilige) Ausschüttungen? Eine Finanzierungsrechnung ist angezeigt
— Am 31.03.2015 im Wirtschaftsblatt veröffentlicht —
Mit der geplanten Steuerreform geht ab 2016 voraussichtlich eine Erhöhung der Kapitalertragsteuer für Dividenden (und wohl auch GmbH-Ausschüttungen) von derzeit 25% auf 27,5% einher. Damit scheint ein Vorziehen von Gewinnausschüttungen noch ins heurige Jahr auf den ersten, möglicherweise verstellten Blick hin, als logische Maßnahme. Immerhin würde das 2,5% „Ersparnis“ bringen. Bei einem zusätzlichen Ausschüttungsbetrag von 100.000 Euro nach Körperschaftssteuer (KöSt) schon heuer statt erst 2016 wären das schließlich 2.500 Euro.
Klingt simpel. Zu simpel?
Die interessante Frage lautet nämlich: schütte ich besser jetzt, fünf Jahre später oder gar nicht aus?
In aller Kürze: Schütte ich heuer erhöht aus, habe ich zwar 2,5% weniger Belastung als nächstes Jahr, aber die Verzinsung im Betrieb wäre in aller Regel besser. Bei zB 6% internem Zinsfuß sind 2.500 Euro schnell verdient. Und wenn der Betrieb fremdfinanziert ist, sind die Finanzierungskosten meist auch noch höher als 2,5% Einmalersparnis.
Erstens kann nur ausgeschüttet werden, was da ist. Die Bank gibt dem Betrieb vermutlich keinen kurzfristigen Kredit, bloß um eine Ausschüttung vorzuziehen. Und falls doch, kostet der Kredit natürlich auch – meistens mehr als 2,5%.
Damit kann also nur die bisherige Gewinnausschüttungspolitik verändert werden (statt zB 70% schüttet man heuer zB 90% aus), oder es geht an die Substanz. Natürlich wird niemand wegen einer Ausschüttung mit 2,5% Ersparnis das Unternehmen an den Rand eines negativen Eigenkapitals bringen.
Grundsätzlich können nur Geldmittel oder sonstiges Umlaufvermögen – also maximal der verfügbare Cash Flow – ausgeschüttet werden. Immer mit der Maßgabe, dass diese Vermögenswerte nicht (in absehbarer Zeit) im Betrieb benötigt werden und das Eigenkapital nicht gänzlich aufgezehrt wird – aber wer hat sowas schon? Und wenn Wertpapiere o.ä. verkauft werden, entstehen wiederum Transaktionskosten…
Auch wenn ein größerer Teil des heurigen Gewinns aus dem Unternehmen genommen wird, hat das jedenfalls einen Effekt auf die Finanzierung.
Zweitens ist heuer ausgeschüttetes, aber nächstes Jahr wieder im Betrieb benötigtes Geld nur noch zu drei Viertel da. Das vierte Viertel wurde ja heuer – sich zu früh freuend – dem Finanzminister als 25% KESt überwiesen. Finanziert die Bank aber ein neues Projekt wider Erwarten nicht – etwa weil die Kapitaldecke des Betriebs nun „dünn“ wirkt –, können eben nur noch 75% des ausgeschütteten Vorjahresgewinns wieder ins Unternehmen gesteckt werden. Klarer Fall von „dumm gelaufen“.
Und, drittens, ist eine streng nüchterne Investitionsrechnung immer eine gute Entscheidungshilfe.
Dazu ein Beispiel:
Vergleichen wir eine vorgezogene Ausschüttung von Gewinn in Höhe von 100.000 Euro, bei der nach Abzug von 25% KESt die verbliebenen 75.000 Euro auf ein Sparbuch mit 2% Verzinsung gelegt werden.
Alternativ dazu belassen wir die 100.000 Euro im Betrieb, wo die jährliche Rendite (interner Zinsfuß) 6% beträgt.
Es zeigt sich, dass bereits nach 2 Jahren die fiktive Steuerersparnis des Vorziehens weniger Ertrag hätte, als das weiter-im-Betrieb-arbeiten-lassen des Gewinns.
Siart-Tipp:
Der interne Zinsfuß bzw. die Rendite ist im Unternehmen in aller Regel deutlich besser als am privaten Sparbuch. Der 2,5%-Einmaleffekt zahlt sich bei mehrjähriger Rechnung also nicht aus. Der vermeintliche Effekt ist bei unserem Beispiel schon nach 2 Jahren mehr als verpufft!
Vor allem löst sich die vorgezogene Ausschüttung quasi in Luft auf, wenn in der Folge im Betrieb das Kapital für lukrative Projekte fehlt oder es nur zu höheren Kosten bei der Bank ausgeborgt werden kann!
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Prof. Mag. Rudolf Siart,
Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in Wien,
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Stand: 25.05.2015. Haftung ausgeschlossen.
veröffentlicht: 8. April 2015