Faschingsglosse: Erweiterte Aufzeichnungspflichten – Der Staat braucht Geld!
Sollten Sie ob dieser Feststellung überrascht sein, lesen Sie bitte nicht weiter. Es könnte Ihnen den Tag verderben.
Seit jeher ist seitens des Gesetzgebers Erfindungsreichtum aber auch bei den ausführenden Finanzbehörden Spitzfindigkeit gefragt, wenn es gilt die in Vorwahlzeiten als Wahlzuckerl verteilten und sohin selbst verursachten Budgetlöcher nach der Wahl vom Steuerzahler wieder stopfen zu lassen. Die Realität zeigt, dass Vermögens-, Erbschafts- und Schenkungssteuer unabhängig von der jeweils zugrundeliegenden politischen Ideologie in Österreich nicht durchsetzbar sind. Schließlich geht jeder Mensch unabhängig vom Alter davon aus, selbst einmal reich zu sein oder wenigstens reich zu erben. Dies scheint so manifest, dass die Möglichkeit von vermögensbezogenen Steuern interessanterweise nur noch für Vermögen über 1 Mio EUR und im Abtausch gegen die Abschaffung des Eigenregresses beim Pflegegeld im unlängst präsentierten „Plan A“ des immerhin sozialdemokratischen Bundeskanzlers Erwähnung findet.
Verräterisch mutet an, dass bei Steuerreformen meist von „Gegenfinanzierung“ – niemals aber von „Einsparung“ die Rede ist. Ist das Naheliegende bzw Unvermeidliche aber rhetorisch auszuschließen, ist Erfindungsgeist gefragt. Als Geheimwaffe zur verdeckten Einhebung neuer Steuern werden daher seit geraumer Zeit die Aufzeichnungspflichten (wieder)entdeckt und laufend teils mit skurrilen Auswüchsen weiterentwickelt. Denn: Aufzeichnungspflichten führen stets zu Steuereinnahmen.
Haben Sie gewusst, dass eine Gefahrenzulage nur dann steuerfrei ist, wenn der Unternehmer aufzeichnet, dass etwa die Arbeiten auf dem Dach eines Hauses gefährlich sind? Schmutzzulagen sind ebenfalls nur dann steuerfrei, wenn man jene Arbeiten bzw. Tätigkeiten, bei denen man schmutzig wird, auch aufzeichnet. Kurz: Ein angestellter Rauchfangkehrer muss seine Schmutzzulage versteuern, wenn niemand dem Finanzamt über Aufzeichnungen nachweist, dass Rauchfangkehrer bei ihrer Kerntätigkeit schmutzig werden. Auch ist besondere Vorsicht geboten, wenn der Chef an der betriebsinternen Weihnachtsfeier teilnimmt. Sämtliche von ihm verzehrten Speisen sind nämlich aus der Gesamtrechnung herauszuschälen und aufzuzeichnen, da diesem Essen der steuerliche Abzug versagt ist. Es muss nicht extra erwähnt werden, dass – unabhängig davon, welche „Aufzeichnungen“ dabei gemacht werden, eine Nachweisbarkeit ohnehin nicht gegeben ist. Zwar könnte der Finanzprüfer angesichts der allenfalls bestehenden Leibesfülle des Unternehmers den in den Aufzeichnungen ausgewiesenen „kleinen Beilagensalat“ als unplausibel bewerten, dies ändert aber an der fehlenden Sinnhaftigkeit der Aufzeichnungspflicht nichts.
In Zeiten tiefster Budgetnot rufen wir daher zum landesweiten Wettbewerb „Österreich sucht die skurrilste Aufzeichnungspflicht (kurz: ÖSDSA)“ auf. Bitte schicken Sie Ihre Beiträge an Siart & Team. Wir küren die besten Beiträge. Idealerweise sollte die von Ihnen kreierte Aufzeichnungspflicht nach normalem Menschenermessen nicht erfüllbar sein, um dem Vorbild des Gesetzgebers gerecht zu werden.
Als Beispiel führen die Autoren folgende Idee an:
Eine tiefgehende Auseinandersetzung mit der „Steuerrechtsgeschichte“ zeigt, dass Betriebsprüfer immer wieder mit Akribie versuchten, auch das noch so kleinste Haar in der Suppe zu finden. Die penible Überinterpretation erfuhr dabei oft nur Grenzen in der ausgleichenden Vernunft eines „Recht sprechenden“ Verwaltungsgerichtshofs. Etwa hat die Finanzverwaltung in den 1990ern im Rahmen einer Betriebsprüfung die Auffassung vertreten, sanitäre Einrichtungen (konkret: WC und Waschraum) seien nur dann betrieblich bedingt, wenn betriebseigene Arbeitskräfte beschäftigt würden. Sohin sei beispielsweise bei einem Unternehmen mit drei Dienstnehmern ein Privatanteil des Unternehmers iHv 25% des „Sanitärraumaufwandes“ auszuscheiden. Der VwGH erteilte dieser Ansicht mit der als „Klo-Erkenntnis“ in Literatur und Lehre eingegangenen Entscheidung eine Abfuhr (VwGH 20.11.1996, 89/13/0259).
Genau genommen bedeutet dieses Erkenntnis aber auch, dass Aufwendungen iZm dem Stoffwechsel vom Höchstgericht als betrieblich absetzbar betrachtet werden. So weit so gut für den Unternehmer. Angesichts der angespannten Budgetsituation und dem steigenden Ergebnisdruck, der derzeit auf Betriebsprüfern lastet, könnte gerade dieses Erkenntnis ein Bummerang für die „andere Seite“, nämlich die Dienstnehmer sein. Schließlich stellt die Möglichkeit der „Geschäftsverrichtung“ am Arbeitsplatz für den Mitarbeiter einen geldwerten Vorteil aus einem Dienstverhältnis dar, der seitens der Finanz als Sachbezug besteuert werden könnte. Schließlich liegt die Ersparnis privater Wasserkosten, Toilettenpapier und Seife auf der Hand. Selbstredend, dass für die Bemessung der Höhe dieses Sachbezugs erweiterte Aufzeichnungspflichten von Nöten sind. Stellen Sie sich als Unternehmer also darauf ein, künftig den Metabolismus ihrer Mitarbeiter beobachten und dokumentieren zu müssen, um eine fundierte Basis für die Hinzurechnung des Sachbezugs zu erhalten.
Sie denken, das ist Satire? Sie haben Recht… NOCH!
MS/RK
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Prof. Mag. Rudolf Siart,
Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in Wien,
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Stand: 19.01.2017 Haftung ausgeschlossen.
veröffentlicht: 20. Januar 2017